FWI-Stellungnahme zum Interview mit Castrop-Rauxeler Bürgermeister Rajko Kravanja zur RN Serie "Heimat-Check"

FWI-Stellungnahme 05.08.2016

Interview mit Bürgermeister Rajko Kravanja zur RN Serie "Heimat-Check"

Verkannte Realität – schulpolitischer Scherbenhaufen - Perspektivlosigkeit

Die Antworten des Bürgermeisters (BM) R. Kravanja im Interview zeigen auf, wie er die Realitäten (insbesondere in der Schulpolitik) verkennt und die vergangenen politischen Entscheidungen von rot/grün völlig falsch bewertet. Seine Folgerungen über das notwendige politische Handeln bleiben dazu immer vage und zeigen seine Hilflosigkeit auf.

Er will offensichtlich nicht sagen:

  • dass die bisherigen politischen Weichenstellungen von rot/grün in der hiesigen Schulpolitik völlig daneben lagen,
  • dass Schulschließungen rückgängig gemacht werden müssen,
  • dass die vorliegende Schulentwicklungsplanung nachgewiesen von falschen Zahlen und Fakten ausging und Makulatur ist,
  • dass enorme Finanzmittel aufgebracht werden müssen um all diese Fehler zu korrigieren,
  • dass die falschen Entscheidungen der Stadt über 1 Mio. € gekostet haben die nunmehr fehlen (Schließung und Umnutzungskosten z.B. Grundschule Grüner Weg, Einrichtungskosten etc. Sekundarschule, vorherige Renovierung von Grundschulen vor Schließung),
  • dass die Anmeldezahlen nur für eine statt für prognostizierte zwei Sekundarschulen reichen und auch die eine Sekundarschule nur die geforderte Anmeldezahl von 75 Schüler durch die angemeldeten Flüchtlingskinder überhaupt erreicht.

Bei Inklusion und Integration von Flüchtlingskindern stimmten nach wie vor die Rahmenbedingungen für die Schulen nicht und es gibt immer noch zu wenig Personal, zu große Klassen und Raumnot (OGS) in allen Schulformen. Die Finanzierung der bei weitem nicht ausreichenden, sehr wenigen Stellen für das unterstützende sozialpädagogische Personals in den Schulen ist über 2016 hinaus nicht gesichert.
Politische verpflichtende Vorgaben der SPD geführten Landesregierung sind derart praxisfremd, dass sie kommunal nicht umgesetzt werden können. So sollen z.B. Flüchtlingskinder ohne weitere Vorbereitung nach Alter in die Regelklassen der Schulen aufgenommen und gemeinsam mit allen anderen, einschließlich der Inklusionsschüler, unterrichtet werden. Eltern- und Lehrerverbände laufen derzeit dagegen "Sturm" wie auch gegen die politisch gewollte "Abwicklung" des eigentlich gut funktionierenden Förderschulsystems und die Schließung von Förderschulen.

Die FWI hat in der Vergangenheit die schulpolitischen Entscheidungen von rot/grün scharf kritisiert, die vorgelegten Daten und Fakten dazu in Frage gestellt und widerlegt, den Schulschließungen und den Grundsätzen der ideologisch gefärbten kommunalen Schulpolitik (Sekundarschulen und Schließung der Realschule, Schließung von Grund- und Förderschulen) mit Bedacht nicht zugestimmt (www.fwi-cas.de). Die Schließung der FNR konnten wir verhindern, mit dem vorliegenden "Schuldesaster" haben wir uns nun trotz aller vorherigen Warnungen auseinanderzusetzen.

Die fehlende Aktualisierung und Anpassung des Schulentwicklungsplanes* wurde von uns immer wieder beantragt, aber von rot /grün abgelehnt. Einen "Bildungsplan" wie ihn der BM ankündigt, gibt es übrigens nur für Fachklassen im Dualen System der Berufskollegs. Wir brauchen schnell einen realistischen und realisierbaren Schulentwicklungsplan ansonsten wird der von rot/grün angerichtete Scherbenhaufen in der kommunalen Schulpolitik noch größer. Das Dezernat "Kinder, Jugend, Schule" gehört organisatorisch zum Aufgabenbereich des BM. Fast 1 Jahr nach seiner Wahl fehlen nach wie vor dringend Lösungsvorschläge.

Zu seinen weiteren Aussagen sei angemerkt, dass er auch hier vergisst, dass unsere Stadt bundesweit eine der höchsten Grundsteuern (825 Pkt.) erhebt und damit das Wohnen teurer macht als im Umkreis. Dass trotz dieser hohen Steuern die städtische Infrastruktur (Straßen, Rad-Wege, Brücken) zunehmend verfällt, weil kein Geld da ist und es einen enormen Sanierungsstau an den öffentlichen Gebäuden (Rathaus, Forum allein weit über 30 Mio. €) gibt, bleibt unerwähnt. Die besorgniserregende, enorme Schuldenlast der Stadt wird erst gar nicht problematisiert, da auch der sog. Stärkungspakt hier wohl keine Abhilfe schaffen kann.

Eine realistische, ehrliche Situationseinschätzung mit der Einsicht, dass es in der Vergangenheit auch politische Fehlentscheidungen gab und die Zukunft gar nicht so "rosig" aussieht, hätte seinem Votum gut getan.

Manfred Postel
FWI-Fraktionsvorsitzender


*Anmerkung:

Laut § 80 des Schulgesetzes NRW sind die Kommunen zur Schulentwicklungsplanung verpflichtet. Damit soll ein gleichmäßiges und alle Schulformen und Schularten umfassendes Bildungsangebot in Abstimmung mit den benachbarten Schulträgern sichergestellt werden.

Die Schulentwicklungsplanung berücksichtigt

  1. das gegenwärtige und zukünftige Schulangebot nach Schulformen, Schularten, Schulgrößen (Schülerzahl, Klassen pro Jahrgang) und Schulstandorten,
  2. die mittelfristige Entwicklung des Schüleraufkommens, das ermittelte Schulwahlverhalten der Eltern und die daraus abzuleitenden Schülerzahlen nach Schulformen, Schularten und Jahrgangsstufen,
  3. die mittelfristige Entwicklung des Schulraumbestands nach Schulformen, Schularten und Schulstandorten.

Die Schulträger sind nach § 81 Schulgesetz NRW verpflichtet, durch schulorganisatorische Maßnahmen angemessene Klassen- und Schulgrößen zu gewährleisten.