Haushaltsrede vom 29.11.2019
Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden der FWI Annette Korte zum Haushalt (HH) 2020
Sehr geehrte Damen und Herren!
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
"The same procedure as last year, Herr Eckhardt?"
"The same procedure as every year, Herr Bürgermeister!"
Das könnte der Auftakt zum Schreiben des Haushaltsentwurfs gewesen sein.
Uns erscheint der Haushaltsplan für 2020 wie jedes Jahr sehr märchenhaft optimistisch und von der Bezirksregierung wohlwollend, mit Augen zu und durch genehmigt. Und bei dieser weiterführend knappen Berechnung erscheint uns der Haushalt 2021 fast wie Glaskugel lesen. Es wird schnell deutlich, dass die Planzahlen in der Realität nicht bestehen werden und die nächsten Haushaltssperren zu erwarten sind.
Auch der Zusammenhang zwischen einem Doppelhaushalt und der Kommunalwahl könnte kritisch hinterfragt werden, was wir uns aber verkneifen.
Es ist alles so eng, dass einem Angst und Bange werden kann. Auf Zahlen muss ich gar nicht groß eingehen.
Da macht es Hoffnung, dass auf Antrag von SPD und CDU eine Entnahme von 5 Millionen Euro aus den Rücklagen des Kreises plus 2 Millionen
aus nichtbesetzten Stellen im Kreistag beschlossen wurde und die Geschichte mit der LWL Umlage für Castrop-Rauxel tatsächlich etwas mehr
als 1 Million Euro in unseren Haushalt spült.
Nicht, dass die FWI etwas gegen einen deutlichen Konsolidierungsbeitrag des Umlagenhaushaltes des Kreises hätte, dieser wurde von uns jahrelang gefordert. Somit begrüßen wir dieses Ergebnis ausdrücklich.
Aber der Zeitpunkt und die Art und Weise, wie diese Entlastung zustande kommt, ist schon bemerkenswert. Warum kommt eine so deutliche
Aufgaben- und Ausgabenkritik beim Kreis erst so spät im Haushaltsaufstellungsverfahren? Die Antwort geben die Fraktionsvorsitzenden
der beiden Parteien am Samstag dem 23.11.19 in der Presse selbst. Ohne diese Hilfen könnten einige kreisangehörige Städte den
Haushaltsausgleich nicht darstellen. Und das auch noch vor der Kommunalwahl am 13.9.20!
Festzuhalten ist, das es in unserem Kreis nach wie vor keine Finanzplanungssicherheit gibt. Dies ist aber unbedingt notwendig, damit alle
Kommunen ihre Aufgaben dauerhaft und vorrausschaubar planen können.
Jetzt warten wir noch auf das Gesetz, das die Übernahme von Harz IV Unterkunftskosten bei den Flüchtlingen durch den Bund regelt und können
nur hoffen, dass dieses nicht auch noch Jahre dauert.
Was uns Bund und Land mit einer Hand geben, nehmen Sie mit der anderen Hand mindestens genauso großzügig wieder weg. Dabei fordern beide doch
eine Angleichung der Lebensverhältnisse.
Da könnte das neue Kibiz ein Beispiel werden. Noch kann keiner sagen, was unsere Kommune ein weiteres beitragsfreies Jahr kosten wird.
Schätzungen gehen von einer zusätzlichen, nicht geringen 6-stelligen Summe aus.
Was man über das Hickhack von Bund und Land zum Thema "Altschuldentilgungsfond" liest, sollte einen doch verrückt werden lassen!
Der Bund will einen Betrag x zur Verfügung stellen, erwartet vom Land aber eine Aufstellung über genaue Beträge. Die Landesregierung
will aber dieses erst machen, wenn der Betrag x beziffert ist. Und diese Diskussion während unserer Stadt das Wasser bis zum Hals steht.
Kommunalpolitik kann doch nicht bedeuten, dass wir uns jeden Tag die Frage stellen müssen, ob wir finanztechnisch schon tot sind oder noch
im Sterben liegen!
Herr Bürgermeister, in Ihrer Haushaltsrede kamen Sie auf einige Punkte zu sprechen, auf die ich gerne näher eingehen würde.
Bei der Schaffung von Kitaplätzen sprachen Sie von einer enormen Leistung.
Dem können wir nur zustimmen. Diese Leistung erbrachte eine außerordentlich gute Zusammenarbeit des Bereichs der Verwaltung und der
freien Träger, die mit Hilfe von Investoren Neubauten schafften und jede Gruppe mit Sondergenehmigung des Landesjugendamtes um 10%
überbelegten, damit möglichst viele Kinder untergebracht werden konnten. Anzumerken ist, dass die FWI konstruktiv mitarbeitete.
Die OGS, die keine Kinder ablehnt. Das klingt erst einmal gut. Aber wir müssen mit den Räumlichkeiten flexibler werden. Klassenräume müssen mit
einbezogen werden, damit schlechte Kellerräume nicht mehr die Anlaufstelle sind. Weitere Schulmöbel und verschließbare Schränke werden benötigt. Das
kostet zwar nicht viel, bei der Gesamtsumme des HH, aber wo kaum etwas übrig bleibt, ist auch nicht viel zu holen.
Die Idee der Nutzung der Klassenräume für die OGS kam übrigens von derFWI!
Sie sprachen die "Europastadt im Grünen" an. Genau dieser Name, auf den wir alle so stolz sind, dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.
Sie bezeichnen die, die blinde Bauwut in Bahnen lenken wollen als reaktionär. Also "an nicht mehr zeitgemäßen politischen Verhältnissen
festhaltend". Ist es denn nicht genauso reaktionär, wenn jeder Investor werden und er Ökopunkte billig in andere Gegenden schafft? Ist nicht
genau jetzt die Zeit Baugebiete klimaneutral zu planen? Ersatzpflanzungen direkt vor Ort zu setzen? Eine individuelle Bauweise zu zulassen?
Auch das lockt Interessenten und auch für diese Pläne gibt es Investoren. Warum sind wir in solchen Belangen nicht mal Vorreiter für die
Metropole. Wir geben doch als Stadt die Rahmenbedingungen vor.
Sie lobten die Jugendlichen der FFF Bewegung und beschlossen im gleichen Atemzug eine Geländerodung.
Sie lobten die Jugendlichen für ihr Engagement und diskutierten um den Begriff "Klimanotstand".
Sie loben die Jugendlichen und bieten Ihnen so wenig.
Die Aufenhaltsmöglichkeiten dieser jungen Erwachsenen bestehen abends auf Schulhöfen, Park- und Marktplätzen und eventuell noch Restaurant-
und Fastfoodketten. Wirkliche Unterhaltung, Treffpunkte für 17-25 jährige gibt nur im Umfeld von Castrop-Rauxel. Da müssen wir ran, da
muss was geschaffen werden!
Castrop-Rauxel liegt im Speckgürtel von Unistädten wie Dortmund, Bochum und Essen. Junge, gebildete Menschen wären eine Bereicherung für unsere
Gesellschaft. Warum sehen wir diese Möglichkeit nicht? Das würde aber heißen, dass Einfamilienhäuser nicht das non plus ultra sind.
Und ja, jeder weiß, dass die Verwaltung personell nicht optimal aufgestellt ist. Forderungen des Personalrates nach neuen Mitarbeitern erklingen
jährlich und doch weiß jeder, dass der Haushalt das nicht hergibt. Es bringt keinen weiter, wenn man dieser Tatsache nicht ins Auge sieht.
Genau dieses Problem haben Krankenhäuser, Altenheime, Kitas und viele Betriebe und trotzdem muss die Arbeit gemacht und geschafft werden und
das zum Teil in Lohnbereichen, die indiskutabel sind.
Um festzustellen, dass die Arbeit gerecht verteilt ist, braucht es Stellenplatzbeschreibungen und ein Personalentwicklungskonzept. Auch
dass ist seit Jahren eine Forderung der FWI!
Wird der soziale Arbeitsmarkt, der für einige Bereiche sicherlich hilfreich wäre, optimal genutzt?
Meine Damen und Herren, ein "weiter so" reicht nicht mehr. Wir müssen grundlegende Änderungen einleiten.
Vielen Dank!
Annette Korte
Fraktionsvorsitzende