Klartext vom 16.03.2017
Aufwandsentschädigung für das politische Ehrenamt
In der Entschädigungsverordnung des Landes NRW für kommunale Mandatsträger wird die Höhe der Aufwandsentschädigung geregelt. In unserer Stadt bekommen alle Ratsmitglieder pauschal 386,80 € monatlich, die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD den 4-fachen und deren Stellvertreter den 2,5 fachen Satz, die anderen Fraktionsvorsitzenden den 3-fachen Satz. Die erste stellv. Bürgermeisterin (SPD) den 4-fachen und der zweite Stellvertretende Bürgermeister (CDU) den 2,5 fachen Satz. Aufwandsentschädigungen können nebeneinander bezogen werden, wenn sie auf mehreren Ämtern beruhen.
Im letzten Jahr hat der Landtag zur Stärkung des politischen Ehrenamtes beschlossen, nunmehr auch den Vorsitzenden der Ausschüsse eine zusätzliche Aufwandsentschädigung in Höhe des einfachen Satzes (386,80 €) der pauschalen Aufwandsentschädigung zu gewähren. Den Kommunen wurde es weitgehend überlassen die Ausschüsse zu bestimmen, deren Vorsitzende diese zusätzliche Aufwandsentschädigung erhalten sollen. Dazu war es erforderlich, diese Ausschüsse in der Hauptsatzung der jeweiligen Stadt explizit aufzuführen. Richtschnur dafür sollte z.B. die Tagungshäufigkeit des Ausschusses im Laufe eines Jahres sein. Das Innenministerium erstellte als "Verfahrenshinweis" dazu extra einen entsprechenden Erlass.
Viele Städte des Landes protestierten gegen diese vom Landesgesetzgeber vorgeschriebene Erhöhung insbesondere bei den Ausschussvorsitzenden. Sie suchten und fanden trotz der Verfahrensvorschrift per Erlass Wege diese zu umgehen. Maßgebliche Gründe waren die prekären Haushaltssituationen, insbesondere in den Stärkungspaktgemeinden, die den Bürgern erhebliche Lasten (Grundsteuer, Gebührenerhöhungen etc.) abgefordert hatten und nun zusätzlich die Mittel für die erhöhte Aufwandsentschädigung bereitstellen müssen. Diese zusätzlichen Mittel sind woanders einzusparen. Bei unserer Stadt und in den Nachbargemeinden gleicher Größenordnung (Herten und Dorsten) ging es um rund 37.000,- € Mehrkosten für die Ausschussvorsitzenden.
Der Bund der Steuerzahler monierte, dass der Landesgesetzgeber mal wieder in die kommunale Selbstbestimmung eingegriffen habe und es den Kommunen in finanziell schwierigen Zeiten überlasse die Mittel dafür irgendwie aufzubringen. Eigentlich gelte ja das Konnexitätsprinzip "Wer die Musik bestellt soll Sie auch bezahlen" aber der Landtag habe mal wieder ein Gesetz zu Lasten der Kommunen beschlossen ohne die Mittel dafür bereitzustellen.
Niemand hat gegen eine angemessene (auch finanzielle) Ausstattung eines Ehrenamtes etwas einzuwenden. Zur Stärkung des Ehrenamtes gäbe es andere wirksame Möglichkeiten: beispielsweise Projektförderungen oder finanzielle Unterstützung, indem die Aufwandsentschädigungen steuerfrei gestellt werden. Das ginge dann zu Lasten des Landes NRW und nicht der Kommunen.
Im Rat wurde auf Vorschlag der Ampelkoalition durch entsprechenden Beschluss zur Änderung der Hauptsatzung allen 8 Ausschussvorsitzenden die zusätzliche Aufwandsentschädigung gewährt - bei 9 Gegenstimmen. Der Antrag der FWI wie in den Städten Dorsten und Herten zu verfahren: Nämlich zunächst alle Ausschüsse zu benennen und dann die auszuwählen, die herauszunehmen sind, um damit eine Vergütungspflicht zu umgehen, wurde von SPD, CDU, FDP und Grünen abgelehnt. Hilfsweise beantragten wir, wenn man schon nicht alle Ausschüsse herausnehmen will, nur die großen, oft tagenden Betriebsausschüsse 1 - 3 aufzuführen. Dieser Vorschlag, der zumindest eine Einsparung von rund 23.000.- € gebracht hätte, wurde ebenfalls abgelehnt. Die FWI Argumente, dass im letzten Jahr z.B. der Rechnungsprüfungsausschuss nur 2-mal, und der Bürgerausschuss nur 3-mal getagt hat, fruchtete bei der Ampelkoalition und der CDU nicht. Ebenso wie die Tatsache, dass die Verwaltung maßgeblich alle Vorarbeiten für sämtliche Ausschüsse leistet. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit einer durchgehend gezahlten zusätzlichen Aufwandsentschädigung in nicht unwesentlicher Höhe für z.B. 2 - 3 Sitzungen im Jahr zusätzlich 4641,60 €. Andere Stärkungspaktstädte sahen es bei ihren Entscheidungen fast unisono als Verpflichtung aus dem Stärkungspakt an, durch Satzungsänderung nicht alle vorhandenen Ausschussvorsitzenden zu bedenken, also sich auf das absolute Minimum von durchschnittlich 3-4 Ausschüsse (die entsprechend oft tagen) zu beschränkten. Die Mehrheit von SPD, CDU, FDP und Grünen in Castrop-Rauxel sah dieses so nicht.
Diese Erhöhung der Aufwandsentschädigung passt nicht in die Zeit, sagte ich im Rat. In eine Zeit, in der man den Bürgern u.a. über eine enorme Grundsteuerhöhung und Sportstättennutzungsgebühren in fast gleicher Größenordnung große Opfer abverlangt. Es hat mehr als ein "Geschmäckle", dass die nun erforderlichen 37.000.- € für die Erhöhung der Aufwandsentschädigung für Ausschussvorsitzende an anderer Stelle eingespart oder wiederum durch Steuer- oder Abgabenerhöhung von den Bürgern bezahlt werden müssen.
Ein Pyrrhussieg für das kommunale Ehrenamt!
Die Städte Dorsten und Herten, beide ebenfalls Stärkungspaktgemeinden, haben gezeigt wie es anders geht. Die Entscheidung, die Erhöhung nicht zu beschließen ist dort m.E. bürgernah und verantwortungsvoll getroffen worden. Übrigens, der Antrag so zu verfahren kam in beiden Städten von allen im Rat vertretenen Parteien gemeinsam.
Manfred Postel
Weitere Informationen
→ Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.) - Verordnung über die Entschädigung der Mitglieder kommunaler Vertretungen und Ausschüsse (Entschädigungsverordnung - EntschVO)
→ Erlass: Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung - Anwendung und Auslegung des § 46 QO NRW bzw. § 31 KrO NRW [ .pdf 174 kB ]